Blauen Narzisse. DER KOSOVO IST SERBISCH (II) (Dragana Trifkovic)Published: Blauen Narzisse. 19.06.2015.

DER KOSOVO IST SERBISCH (I)

Der Frieden im Kosovo ist trügerisch: Washington und Brüssel haben durch Völkerrechtsverletzungen einen Kunststaat geschaffen. Der zweite Teil des Berichts der serbischen Publizistin Dragana Trifkovic.

Die Besatzer sind allgegenwärtig: Es genügt bereits, sich die in Kosovo und Metohija besonders häufig vertretenen Symbole anzuschauen. Während einer Reise durch das Tal bei Drenica, irgendwo in einem brachliegenden Feld, begegnet man einer auf einem hohen Mast befestigten US-amerikanischen Flagge.

In Pristina, der Hauptstadt des Kosovos, sieht man Bill Clinton, dessen Bild ein ganzes Hochhaus bedeckt, ein Denkmal für diesen ehemaligen Präsidenten der USA und eine Kopie der New Yorker Freiheitsstatue. In einem Dorf im Tal von Drenica gibt es eine Boutique mit dem Namen „Hillary“. Sie ist der Ehefrau Bill Clintons, Hillary Clinton, gewidmet. Von der Fassade des Ladens lächelt sie herab.

Auf dem Weg nach Großalbanien

Außerdem existieren im gesamten Gebiet der Provinz zahlreiche Denkmäler der UCK– Terroristen. Bei Prizren, an einer der zahlreichen Tankstellen, sieht man die Flagge Deutschlands, Albaniens und der Vereinigten Staaten. Wohin immer sich der Reisende in Kosovo und Metohija begibt, wird er albanische, US-amerikanische und deutsche Flaggen finden – außer in den Gebieten der letzten serbischen Gemeinschaften. Wenn jemand die Flagge des sogenannten Staates namens „Kosovo“ sieht, dann ist das zumeist ein Zufall. Für die Albaner ist sie nicht wichtig. Denn die Unabhängigkeit des Kosovos gilt ihnen nur als vorübergehende Phase hin zur Schaffung eines „Großalbaniens“.

Es kann keinen Zweifel darüber geben, dass das Projekt eines „unabhängigen“ Kosovos – ebenso wie die Schaffung eines Großalbaniens – in Washington und London entworfen wurde. Und es ist auch kein Geheimnis, dass die hochrangigen Politiker der Vereinigten Staaten offen darüber gesprochen haben. Hillary Clinton äußerte sich 2012in Pristina, während eines Treffens mit dem ehemaligen Führer der UCK-Terroristen und einstigen Ministerpräsidenten des Kosovo-„Staates“, Hashim Thaci, dazu: „Für mich, meine Familie und meine amerikanischen Kollegen handelt es sich bei der Unabhängigkeit des Kosovos nicht nur um ein außenpolitisches Thema. Das ist vielmehr eine persönliche Angelegenheit.“ Welche persönliche Verbindung sie konkret im Zusammenhang mit der Besetzung serbischen Territoriums sieht, erklärte Hillary Clinton nicht.

Die ökonomische Ausbeutung des Kosovo

Wer die Unternehmen aus der USA oder die Unternehmen amerikanischer Politiker betrachtet, die sich am stärksten für die Bombardierung der USA einsetzen, der kann die persönlichen Beziehungen zwischen den USA und dem Kosovo besser verstehen. Das Muster ist immer dasselbe. Zuerst besetzt das amerikanische Militär ein Gebiet, dann verdienen Unternehmen aus den USA durch die daraus entstehenden Geschäfte Milliarden. Auf diese Art und Weise übernahmen US-Amerikaner serbische Firmen, deren Besitz insgesamt mehr als zehn Milliarden Dollar betrug.

Davon profitierten amerikanische Firmen. Hinter dem vermeintlichen Kampf für die Menschenrechte verbarg sich der Kampf für den Raub des Eigentums und der Ressourcen anderer Menschen. Da diese Fakten der internationalen Öffentlichkeit unbekannt blieben, war es möglich, dass Diebe zu Befreiern und Terroristen zu Staatsmänner erklärt wurden. Die westliche Propaganda schuf ihre eigene Realität.

Ausbildungslager für Islamisten

Die von USA in Kosovo und Metohija errichtete Militärbasis Camp Bondsteel ist – nach der Ramstein Air Base in Deutschland – die zweitgrößte Militärbasis der Vereinigten Staaten in Europa. Die Kosovo-Truppe KFOR hatte nach der Besetzung Serbiens rund 50.000 Mann in Kosovo und Metohija stationiert, jetzt sind es etwa5.000 Mann. Die reguläre Armee zog sich aus dem Kosovo zurück, um in anderen Gebieten bei Kriegen der USA und der Nato mitzukämpfen. Es bleibt nur die Frage, welchem ihrer Schützlinge im Kosovo die Vereinigten Staaten die Probleme nach dem kompletten Rückzug aus serbischem Territorium überlassen wird.

Zusätzlich zu den Nato-Bombardierungen, die die Demographie des Kosovos verändert haben, fanden ethnische Säuberungen statt. Serben, die für Jahrhunderte in diesem Gebiet lebten, wurden vertrieben. Zu einer zusätzlichen Destabilisierung hat die Errichtung islamistischer Ausbildungslager geführt. Nach der Ankunft der NATOwurde im Kosovo in den neu errichteten Lagern damit begonnen, auch albanische Islamisten auszubilden. Später begaben sich diese nach Syrien, um gegen Baschar Al-Assad zu kämpfen. Es ist offensichtlich, dass diese im Hintergrund durch den Westen bzw. die USA unterstützt werden. Unter diesen ausgebildeten islamistischen Kämpfern befinden sich Selbstmordattentäter, Terroristen und Extremisten, die den Kosovo und den Balkan weiter destabilisieren werden.

Serbiens Regierung spielt mit

Die Pläne zur Schaffung eines Großalbaniens und die Unterstützung radikaler Islamisten durch die Vereinigten Staaten stellen eine entscheidende Bedrohung für Serbien dar. Sie entspricht der Gefahr, die die schrittweise Islamisierung im Sinne des US-amerikanischen Multikulturalismus für Europa verkörpert. Die serbische Regierung unter dem konservativen Ministerpräsidenten Aleksandar Vucic beteiligt sich an dieser Selbstzerstörung des eigenen Landes – ebenso wie die EU und deren Mitgliedsstaaten an ihrem eigenen Untergang arbeiten. Die serbischen Regierungspolitiker werden von Washington und Brüssel kontrolliert. Sie gehen die Verpflichtungen ein, für die sie vom Westen autorisiert wurden.

Die serbische Regierung ist inzwischen zu deren Komplizen bei den Verbrechen gegen das eigene Volk geworden. Hinzu kommt: In einzigartiger Weise hat Serbien Teile seines Territoriums freiwillig verschenkt, seine staatlichen Institutionen in Kosovo aufgegeben und somit die serbische Verfassung verletzt. Zwar verteidigt die serbische Regierung die Souveränität der Ukraine, jedoch nicht die des eigenen Landes. Sie akzeptiert die Herrschaft von Terroristen, die für Verbrechen gegen die eigene Bevölkerung verantwortlich sind.

Das serbische Volk akzeptiert die Besatzung nicht

Doch Serbien hat in seiner Geschichte für diejenigen, die es versklaven wollten, viele Überraschungen bereitgehalten. Für das serbische Volk ist der Streit um Kosovo und Metohija nicht beendet und die gegenwärtige Situation ist gewiss nicht beständig. Das Schicksal des Landes wurde von Washington und Brüssel aus bestimmt. Doch es ist unbestreitbar, dass das serbische Volk die Besetzung des Kosovos nie akzeptieren wird. Die schreckliche Ungerechtigkeit, das Leiden, die Verbrechen und die Bomben können nicht einfach vergessen werden.

Wir sind zuversichtlich, dass das internationale Recht und unabhängige Institutionen die wahren Schuldigen für die Bombardierungen und die Opfer des Krieges bestrafen werden. Dazu muss erst das verletzte Völkerrecht wiederhergestellt werden. Die dafür notwendigen Veränderungen haben bereits mit der Verschiebung der wirtschaftlichen und politischen Macht von West nach Ost begonnen. Das zeigt, dass der Weg zur Gerechtigkeit nicht vorbei ist, sondern erst beginnt.

Vielleicht besteht ebenso für Europa noch Hoffnung, sich aus der Umklammerung derUSA befreien zu können und endlich eine Politik der eigenen Interessen zu verfolgen. Auch die serbische Regierung und ihre sogenannten westlichen Partner können internationales Recht nicht brechen. Der Kosovo ist kein Sonderfall, auch wenn die Vereinigten Staaten ihn zu einem solchen gemacht haben. Niemand hier zweifelt daran, dass die Zukunft des Kosovos dort liegt, wo sie sich schon immer befand – in Serbien.

Anm. d. Red: Hier geht es zum ersten Teil des Artikels. Dragana Trifkovic ist Direktorin des Belgrader „Center for Geostrategic Studies“. Sie schreibt regelmäßig Kolumnen und Artikel für politische, geostrategische und geopolitische Publikationen aus Serbien. BlaueNarzisse.de hat mit Trifkovic im November 2014 ein ausführliches Interview geführt.

Bild: Trifkovic in einer serbisch-orthodoxen Kirche in der Enklave Orahovac im Westkosovo.